12. Mai 2021

Stellungnahme zur Petition „Ich fordere den Mindestlohn für Menschen in Behindertenwerkstätten“ auf change.org

Wir fordern Basisgeld statt Mindestlohn!

Ausgelöst von einer Petition zum Mindestlohn in Werkstätten wird dieses Thema erneut auch an Werkstatträte herangetragen. Bereits 2015 hat sich Werkstatträte Deutschland e.V. (WRD) mit diesem Thema beschäftigt.

Werkstatträte Deutschland e.V. distanziert sich vom Inhalt der Petition und fordert stattdessen bereits seit 2019 das „Basisgeld“! Sie finden mehr Informationen im Download Bereich unserer Internetseite.

Derzeit sind Beschäftigte in Werkstätten in einem sogenannten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis beschäftigt. Dies bedeutet, dass sie neben vielen Arbeitsrechten des sogenannten allgemeinen Arbeitsmarktes wie zum Beispiel Urlaub, Mutterschutz, Arbeitsschutz, Rentenansprüchen etc. auch noch besondere zusätzliche Schutzrechte wie zum Beispiel Arbeitsplatzgarantie, keine Leistungsverpflichtung und eine praktische Unkündbarkeit besitzen.

Wer einen Mindestlohn fordert, fordert auch den allgemeinen Arbeitnehmerstatus. Dies würde den Verlust der besonderen Arbeitsbedingungen und zusätzlichen Schutzrechten bedeuten.
Dies lehnen wir ab.

Zudem werden die Erlöse aus der Produktion in Werkstätten nach festgelegten Regeln an die Beschäftigten ausgeschüttet. Sie müssen diese Erlöse erwirtschaften. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ermöglichen auf absehbare Zeit kaum Spielraum für die Zahlung von Mindestlöhnen. Es muss hier also über eine gesellschaftlich finanzierte Alternative wie zum Beispiel das Basisgeld nachgedacht werden.
Die alleinige Forderung nach Mindestlohn löst dieses Problem nicht!

Richtig ist, dass Menschen in Werkstätten definitiv zu wenig Geld verdienen! Hier muss sich unbedingt etwas verändern. Wir begrüßen jeden Vorschlag, der ein auskömmliches Entgelt in Werkstätten zum Ziel hat. Wichtig zu prüfen ist jedoch, welche Auswirkung oder Nachteile die Forderung nach einem bestimmten System, wie zum Beispiel dem Mindestlohn hat.

Diese Prüfung findet gerade in einer Studie, beauftragt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) statt. Hier werden alle aktuellen Fakten zum jetzigen Entgeltsystem wissenschaftlich erhoben und verschiedene Alternativen (wie auch Mindestlohn und Basisgeld) begutachtet. Ende 2023 wird hierzu ein Ergebnis feststehen und die Bundesregierung mit der Umsetzung beauftragt. Wir sind ungeduldig und wünschen uns hier auch schnellere Lösungen. Wir verstehen aber auch, dass man die Auswirkung von Änderungen am Entgeltsystem sorgfältig prüfen muss, damit die Menschen in Werkstätten danach nicht schlechter gestellt sind. Wir beteiligen uns konstruktiv in der Steuerungsgruppe zu dieser Studie, um eine möglichst gute Lösung aus Sicht der Beschäftigten zu finden.

Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter von Werkstatträte Deutschland e.V. der bundesweiten Selbstvertretung von 320.000 Beschäftigten in Werkstätten fordern:

Es soll kein voll erwerbsgeminderter Mensch in Armut leben müssen, sondern ein auskömmliches Einkommen haben, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können!

Mindestlohn greift aus unserer Sicht hier zu kurz.

Das Basisgeld wurde von Beschäftigten für Beschäftigte entwickelt. Es ist eine Idee, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat.

Dieser Beitrag wurde übernommen von werkstatträte-deutschland.de